Schätzungen zufolge hat oder hatte jede/r zehnte ÖsterreicherIn schon Anzeichen des „Ausbrennens“ – des Burn-out-Syndroms. Häufig sind Personen betroffen, die mit anderen Menschen arbeiten und dabei die „Gebenden“ sind.
Burn-out beschreibt sowohl den Prozess des Ausbrennens über Monate oder Jahre hinweg, als auch den Endzustand von totaler Erschöpfung und chronischer Müdigkeit, wenn also nichts mehr geht.
- Emotionale Erschöpfung:
Gefühl der Niedergeschlagenheit und Ausweglosigkeit, Gefühl der inneren Leere und Schwäche, geringe Belastbarkeit. - Soziale Erschöpfung:
Neigung zu Reizbarkeit und Intoleranz anderen gegenüber, Vorwürfe und Schuldzuweisungen anderen gegenüber. - Geistig-mentale Erschöpfung:
verringerte Leistungsfähigkeit, erhöhte Fehleranfälligkeit, geringe Selbstachtung, fehlendes Kompetenzgefühl. - Körperliche Erschöpfung:
Gefühl der chronischen Müdigkeit, psychosomatische Beschwerden wie zum Beispiel chronische Kopf- oder Rückenschmerzen, Schlafstörungen, Störungen des Magen-Darmtraktes (Gastritis, Reizdarm,…), erhöhte Infekt-Anfälligkeit usw.
Burn -out kann jede/n treffen – es kommt schleichend, d.h. wenn Stresssituationen über einen längeren Zeitraum andauern. Denn dies führt zur Belastung und schließlich zur Überforderung. Wenn Erschöpfung zum Dauerzustand wird, kommt irgendwann der Zusammenbruch: Burn-out!
Zu Grunde liegende Ursachen von Burn-out
Burn-out wird oft ausschließlich mit belastenden Bedingungen am (Erwerbs-) Arbeitsplatz verbunden, Überlastungssituationen sind jedoch in allen Lebensbereichen anzutreffen.
Burn-out gibt es genauso in (familiären) Beziehungen, im Haushalt. Burn-out gefährdet im familiären Umfeld ist beispielsweise die „Umsorgerin“ (meist weiblich), die alle ihre Bedürfnisse zurücksteckt und mit ganzer Energie für andere da ist. Auch die Lebenssituation von Alleinerziehenden kann eine besondere Burn-out Gefährdung darstellen. Burn-out in Beziehungen wird besonders rasch, reflexhaft verleugnet und durch das Beenden dieser Beziehung scheinbar gelöst.
Burn-out entsteht in der Regel durch das Zusammenwirken verschiedener, innerer und äußerer Faktoren.
- gesellschaftliche Faktoren:
Leistungsgesellschaft, wachsende Komplexität, rasche Veränderungen - betriebliche Faktoren:
Ausfall von MitarbeiterInnen, schlechtes Arbeitsklima, unüberschaubare Arbeitsabläufe, Termin- und Zeitdruck, wachsende Angst vor Arbeitsplatzverlust - familiäre Faktoren:
kritische, belastende Lebenssituationen (Mehrfachbelastungen, Scheidung, Krankheit, Verschuldung – Existenzängste) - persönliche Faktoren:
eigene Ansprüche (belastbar, flexibel, dynamisch), besonders hohe Erwartungen, die man an sich selbst und an seine Arbeit stellt.
Dabei kann etwas, das für den einen / die eine noch erträglich ist, für den anderen / die andere total unerträglich sein. Gerade das stellt mitunter ein Problem dar.
Was begünstigt Burn-out?
- unrealistische Ziele
(Veränderungs-)Möglichkeiten werden überschätzt und die eigene Rolle im (Veränderungs-)Prozess wird massiv überbewertet. - Überlange Arbeitszeiten
Da das Engagement groß und das Interesse an der arbeit hoch ist, beginnen die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit zu verschwimmen. Prioritäten setzen wird fast unmöglich, das Kontrollbedürfnis nimmt zu. „Workoholic“ - Nicht abschalten können
Hobbies, Urlaube etc. werden mit Leistungsvorgaben verbunden. Jede nicht mit scheinbar sinnvoller Leistung erfüllte Zeit wird als vertan erlebt. - Erlebte Machtlosigkeit
Ineffiziente Führungs- und Organisationsstrukturen, z.B. als unsinnig erlebt Arbeitsabläufe, kaum Freiräume in der Gestaltung führen zu Gefühlen der Machtlosigkeit.
Top Ten der größten Stressfaktoren am Arbeitsplatz
(Global Business and Economic Roundtable on Mental Health in the Workplace, 2008)
Nr. 10: Das Hamsterrad-Syndrom: Immer zu viel zu tun zu haben
Nr. 9: Unvorhersehbare Unterbrechungen
Nr. 8: MitarbeiterInnen sind nicht sicher, was um sie herum vorgeht
Nr. 7: Misstrauen und Konkurrenz
Nr. 6: Das Gesamtziel steht im Konflikt mit der täglichen Realität
Nr. 5: Wertlose Leistungsbeurteilungen
Nr. 4: Fehlendes direktes und persönliches Feedback
Nr. 3: E-Mail-Flut
Nr. 2: Fehlender Handlungsspielraum
Nr. 1: Zurückbehalten von relevanten Informationen
Phasen von Stress (nicht nur am Arbeitsplatz) kennt jede/r. Solange dies absehbar ist, kann es meist bewältigt werden. Wichtig ist eine Zeit nach dem Stress, wo es möglich ist, sich zu erholen.
Wird der (negative) Stress zum Dauerzustand, so ist das aus zwei Gründen bedenklich:
- Körper und Psyche können sich nicht regenerieren und fallen in einen tiefen Erschöpfungszustand. Dieser sieht aus wie Burn-out, ist aber von diesem unterscheidbar, weil er rein von „außen“ gemacht ist, und nur Tage, max. Wochen dauert. Dieser Zustand nennt sich. Gibt man sich Zeit zum Regenerieren, sollte sich der „Normalzustand“ wieder einstellen.
- Weitaus häufiger ist Dauerstress ein Zeichen dafür, dass etwas im Leben / in der Lebensplanung grundlegend schief läuft. Hier ist die Psyche deutlich mitbeteiligt. Zu den von „außen“ herangetragenen Anforderungen treten eigene, innere Ansprüche oder Werte, die dazu führen, dass man nicht mehr abschalten kann. Dieser Dauerstress dauert Jahre an und führt schließlich zum Burn-out.
Burn-out: Symptome und Verlauf
Wie beginnt Burn-out?
- häufig mit einer positiven Ausgangssituation:
als engagierte, zielstrebige, dynamische, kompetente MitarbeiterIn - meist schleichend
von engagiert > > > > > >>> zu überengagiert - Einstieg in das Laufrad
wenn ich die eigenen körperlichen, seelischen und geistigen Kräfte überschätze
Ein Hauptmerkmal ist die Verleugnung negativer Gefühle (die eigene Müdigkeit; das Gefühl, nur mehr eine Arbeitsmaschine zu sein etc.), das Vorenthalten von Fürsorge für sich selbst!
Haben Sie sich jemals diese Sätze sagen hören?
- „Ich muss mich immer wieder beweisen.“
- „Bei meiner Arbeit bin ich richtig zwanghaft.“
- „Ich fühle mich immer unter Druck.“
- „Ich bin nicht zufrieden, wenn die Sache nicht perfekt ist.“
- „Wenn ich so weiter mache, bin ich in sechs Monaten völlig ausgebrannt.“
Der Burn-out Prozess
Stress | 1. Erste Warnzeichen: Gesteigerter Einsatz für Ziele, Zunahme der Überstunden, Erschöpfung oder körperliche Überreaktion |
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Burn-out | 2. Reduziertes Engagement: Reduzierte soziale Beziehungen, negative Einstellung zur Arbeit, Konzentration auf eigenen Nutzen 3. Emotionale Reaktionen: Gefühle des Versagens, Pessimismus, Leere, Hoffnungslosigkeit, Energiemangel, Gefühl von Hilflosigkeit, Schuldzuschreibung an andere bzw. „das System“ |
Depressive Symptomatik | 4. Abnahme von geistigen Fähigkeiten, Motivation, Kreativität und Differenzierungsfähigkeit 5. Abflachen des emotionalen und sozialen Lebens und geistiger Interessen 6. Psychosomatische Reaktionen: Spannung, Schmerzen, Schlafstörungen, keine Erholung in der Freizeit mehr möglich, veränderte Essgewohnheiten, Substanzgebrauch (Alkohol, Medikamente etc.) |
Klinische Depression | 7. Depression und Verzweiflung Gefühl von Sinnlosigkeit, negative Lebenseinstellung, existenzielle Verzweiflung, Suizidgedanken oder -absichten |
Das Burn-out Syndrom ist ein komplexes Krankheitsbild, wie die folgende Abbildung veranschaulicht:
Was kann ich tun?
Günstig ist es natürlich, so früh wie möglich den Prozess der zunehmenden Erschöpfung und Überforderung zu unterbrechen. Es gilt also, Prävention zu betreiben, um erst gar nicht in den Burn-out Prozess einzusteigen. Das bedeutet, daran zu arbeiten, das persönliche Tempo zu bestimmen, persönliche Freiräume zu schaffen und sich Zeit zum Nachdenken nehmen (z.B. täglich 10 min am Abend, um den Tag Revue passieren zu lassen).
Folgende Maßnahmen können dabei hilfreich sein:
- realistische Ziele setzen (Teilziele!)
- aufhören, andere verändern zu wollen
- zwischen Arbeit und Freizeit trennen (Arbeitszeiten einhalten!)
- berufliche Alternativen pflegen (keine berufsähnlichen Interessen in der Freizeit!)
- Sozialkontakte pflegen (auch Freundschaften mit Personen anderer Berufsgruppen!)
- Bewusst Trödeln lernen (Signale des Körpers beachten!)
- Mit Macht und Machtlosigkeit umgehen lernen
- Eigene Grenzen deutlich machen
- Regeln im Umgang miteinander vereinbaren und einhalten
- Bewusst Urlaub machen (in regelmäßigen Abständen, möglichst unerreichbar sein!)
- im Notfall: Kündigen Sie!
Umgang mit Phasen von Stress und Belastungen
Ein wichtiger Faktor dabei ist ein gesundes Selbstvertrauen. Je stärker man sich fühlt, desto leichter nimmt man Herausforderungen an und desto eher wird man sie auch meistern. So ist man auch weniger gestresst. Das eigene Selbstvertrauen richtet sich danach, wie sehr wir uns mit allen Stärken und Schwächen annehmen können, uns akzeptieren, wie wir sind, an uns glauben.
- Versuchen Sie, (kurzfristigen) Stress anzunehmen.
Wichtig ist dabei, eine Balance zwischen Anspannung und ausreichender Entspannung zu finden. - Versuchen Sie, Stressfaktoren frühzeitig zu erkennen.
Hilfreich ist dabei, Signale des Körpers wahrzunehmen. Auch die Seele sendet Zeichen der Belastung schon frühzeitig aus (grübeln etc.). Mit einiger Übung führen dieses Hineinhören in sich selbst sowie Überlegungen, was an der Situation die besonderen Stressfaktoren sein könnten, zur Möglichkeit, sich gezielt vorzubereiten und so sicherer zu fühlen. - Versuchen Sie, sich Zeit zu nehmen für bewusste Entspannung, beispielsweise durch:
- Sport
Wirkt als Ausgleich, Stresshormone werden abgebaut, abschalten fällt leichter - mentale Entspannungstechniken
ev. verschiedene Techniken ausprobieren, bis Sie die zu Ihnen Passende gefunden haben - soziale Kontakte
sind am wichtigsten, geben Sicherheit und Unterstützung in Krisen, gemeinsame Unternehmungen führen zu mehr Ausgeglichenheit - Hobbies
Ablenkung, Ausgleich, mehrere wichtige Dinge im Leben haben
- Sport
Haben Sie bereits manifeste Symptome von Burn-out bei sich festgestellt, wird es Zeit für
Selbsthilfe
1. Schritt: | Sich den Burn-out-Symptomen stellen. |
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2. Schritt: | Für Erholung und Gesundheit mit Sport, Entspannungstraining und für Schlaf sorgen. |
3. Schritt: | Entlastung suchen. Also sich helfen lassen, delegieren, weniger Ansprüche an sich selbst stellen, Urlaub nehmen, die Arbeit reduzieren. |
4. Schritt: | Probleme lösen – in Partnerschaft, Beruf oder mit pflegebedürftigen Familienmitgliedern. |
5. Schritt: | Sich selbst belohnen, sich mit positiv wirkenden Menschen umgeben. |
Neue Werte suchen und finden!
Manchmal ist auch professionelle Hilfe von außen angezeigt:
Hierbei ermöglichen vom Arzt / der Ärztin verordnete Psychopharmaka kurzfristige Entlastung, die auch oft wichtig ist. Sie stellen aber keine tiefergehende Problemlösung dar.
Denn dazu ist eine Auseinandersetzung mit sich selbst, den eigenen, oft unbewussten Motivationen nötig. Dies gelingt in u.a. mit Psychotherapie, psychologischer Beratung. Gerade in frühen Stadien von Burn-out ist Psychotherapie besonders wirkungsvoll und es werden rasch Verbesserungen spürbar.
Entscheidend für die Verbesserung des Zustands ist, dass Betroffene und die Personen in ihrer Umgebung die Therapie nicht als Bestrafung, Kränkung oder Zeichen des Versagens ansehen, sondern als Chance zur positiven Veränderung betrachten!
Anhang:
- Burn-out Selbsttests finden Sie im Internet unter eben diesem Suchbegriff
- … ebenso eine interessante Übung zur Überprüfung der eigenen Energiebilanz
- … und Tipps zum „besseren“ Zeitmanagement